Tage des Holzwurms im Drandorfhof gezählt

Tage des Holzwurms im Drandorfhof gezählt

Der eingepackte Speicher des Drandorfhofes

Neben dem Holzwurm hat sich auch der Hausbock im Gebälk einiger Gebäude gemütlich eingerichtet. Jetzt werden die Schädlinge professionell beseitigt – mit Gas

Drandorfhof in Schlieben ist es leider nicht nur der Holzwurm, sondern auch der Hausbock. Unter anderem im Speicher und in der Märchenstube. Und den ungebetenen Gästen geht es seit Ende voriger Woche mit hohem Aufwand an den Kragen. Der Amtsdirektor von Schlieben, Andreas Polz, berichtet, dass das Problem schon länger bekannt ist. „Dann fingen wir an, uns Gedanken zu machen, wie man diesen Schwierigkeiten Herr werden könnte.“ Eine einzelne chemische Behandlung der Balken und der Exponate wäre auf der einen Seite zu aufwendig und auf der anderen Seite zu unsicher geworden. Zumal gerade die Balken aus historischem Holz teilweise bereits mit modernen Holzbalken verstärkt worden sind. „Nachdem sich das Bild immer mehr verschlechtert hat und überall das Holzmehl auf dem Boden lag, haben wir uns zu einer Begasung des kompletten Gebäudes entschieden.“

Aktion lange geplant

An dieser Stelle kommt Marco Müller ins Spiel, Diplom-Ingenieur und Geschäftsführer der Firma „GROLI – Schädlingsbekämpfung GmbH“ aus Dresden. Müller kennt die Gegend gut, er hat früher einmal hier gelebt. „Ich habe mir das schon im vergangenen Jahr alles angeschaut, dann ein Angebot abgegeben und den Zuschlag bekommen.“ Das gesamte Gebäude ist bereits mit etwa 650 Quadratmetern Folie und rund 750 Metern Klebeband eingepackt. Nichts darf ausgelassen werden; keine Tür, kein Fensterrahmen. Da das Gas logischerweise das Holz durchdringt, muss, sofern von innen keine Sperre vorhanden ist, auch das komplette Dach von außen eingepackt werden, was hier der Fall ist. Vier Mitarbeiter brauchen dafür zwei Tage. Die Begasung dauert dann drei Tage. Gemacht wird dies mit Sulfuryldifluorid, einem farb- und geruchslosen Gas. Den Schaden im Holz richten die Larven an. Sie fressen sich über mehrere Jahre hinweg durch das Material, ehe sie sich verpuppen und dann als Käfer ausfliegen. „Unsere Behandlung zielt auf alle Entwicklungsstadien, also von den Eiern, über die Larven bis zu den Käfern“, erklärt Marco Müller.

Kontrolle über das Gas

Das Gebäude ist mit dünnen Schläuchen ausgelegt, und der Ingenieur bittet eindeutig darum, auf keinen zu treten und ihn so möglicherweise zu beschädigen. Zusätzlich installiert sind Messinstrumente, um die Konzentration des Gases oder den Druck regelmäßig im Blick haben zu können. Zur Dokumentation der Messergebisse als Qualitätssicherung wird eigene Software eingesetzt. Sie zeichnet die verstrichene Zeit, die Konzentration am jeweiligen Messpunkt und den Zeitverlauf auf.

Aber wie kann man sich sicher sein, dass nach den drei Tagen wirklich alles abgetötet ist? Dafür gibt es etwa halbe Meter lange „Prüfbalken“. Sie werden vor der

Prozedur gezielt infiziert, mit einem Siegel versehen und in dem Objekt ausgelegt, das unter Gas gesetzt wird. „Wir müssen so arbeiten, dass unsere Leistungen zu einhundert Prozent Erfolge aufweisen“, sagt der Geschäftsführer. „Erst, wenn nach Abschluss alle Prüfbalken wieder draußen und getestet sind, können wir wirklich sicher sein, dass alles drinnen tot ist.“

Neben Privathäusern haben auch schon Museen, Kirchen oder Kitas die Arbeit der Firma in Anspruch genommen. „Da muss man sich immer genau anschauen, wie

die Rahmenbedingen sind. Manchmal auch Leute überzeugen, dass das Gas keine wertvollen Gemälde in einer alten Kirche zerstört.“

Hohe Anforderungen

Auch sonst sind die Anforderungen an die Arbeitsbedingen der Schädlingsbekämpfer hoch. Es gehören spezielle Ausbildungen, beispielsweise mit Atemschutzmasken,

dazu oder auch eine Sanitätsausbildung. Außerdem müssen in einem weiten Umfeld, bevor ein solcher Einsatz starten kann, die entsprechenden Stellen informiert sein.  Also etwa die Polizei, die Feuerwehr oder die Krankenhäuser“, beschreibt es Müller. „Aber, wenn es einmal losgegangen ist, dann bin ich vor Ort der Hauptverantwortliche und kann auch Anweisungen geben. Dennoch macht ihm die Arbeit viel Spaß.  Sicher, es ist eine riesige Verantwortung, aber man ist viel draußen unterwegs, hat tolle Maschinen, mit denen man arbeiten kann und natürlich auch Spaß an der Sache.“ Eine Sache, die nicht unbedingt ganz billig ist. Für das aktuelle Objekt beläuft sich die Summe auf 36.000 Euro. 30.000 davon hat die Sparkasse Elbe-Elster übernommen.

Exponate in Quarantäne

Im Idealfall wird die Behandlung also ein Erfolg sein. Es stellt sich allerdings noch ein weiteres Problem. Viele Exponate, die dem Museum im Speicher angeboten werden, stammen aus alten Zeiten und sind somit zu einem großen Teil aus Holz gefertigt. Wenn es sich dabei zum Beispiel um alte Scheunenfunde handelt, wie stellt man sicher, dass man mit einem neuen Stück sich nicht gleich wieder einen neuen Befall ins Haus holt? „Nach Abschluss der Arbeiten hier, werden neue Stücke erst einmal in eine Art Quarantäne kommen, um sicherzustellen, dass sie nicht befallen sind. Möglicherweise müssen wir sie dann noch einmal separat begasen.“ Für das alte Gebälk des Gebäudes in Schlieben sind das wahrscheinlich gute Nachrichten. Für

Hausbock und Holzwurm wohl eher nicht.

Bericht aus der Lausitzer Rundschau von Rico Meißner

Bei diesem Projekt wurden wir von einem Kamerateam von Kabel 1 begleitet. Am 16.08.2023 wurde dieser Beitrag in Achtung Kontrolle gesendet:

Hier geht es zu einem Filmausschnitt!

 

Arbeiten mit unterschiedlichen Hebebühnen
Blick von der selbstfahrenden Hebebühne

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