Holzwurm wird der Kampf angesagt

Volksstimme - 27.06.2024

In der Hamersleber Stiftskirche startet eine deutschlandweit einzigartige Aktion. Für die Schädlingsbekämpfung werden 3.000 Quadratmeter Folie mit 6,5 Kilometern Klebeband verklebt.

Von Yvonne Heyer

Hamersleben

Marco Müller ist kein Verhüllungskünstler, auch wenn sein aktuelles „Werk diesen Eindruck erweckt. Marco Müller ist Chef der Firma GROLI – eine Fachfirma für Schädlingsbekämpfung aus Dresden. Mit seinen Mitarbeitern ist Marco Müller angerückt, um dem Holzwurm in der geschichtsträchtigen Klosterkirche Hamersleben den Kampf anzusagen. Und dafür mussten große Teile der Stiftskirche verhüllt werden.
„Längere Zeit stand der Holzwurm in der Klosterkirche unter musste leider
festgestellt werden, dass er immer akiver wurden. Wir müssen also Handeln und den Holzwurm stoppen“, erzählt Janine Schwarz vom Referat Bauunterhaltung der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, in deren Besitz die Klosterkirche ist.

 

Vier Tage Gerüste aufgebaut

„Jetzt geht es ihm an den Kragen, und zwar mit einer Teilbegasung erklärt Marco Müller. Und an dieser Stelle kommt die Verhüllungsaktion ins Spiel. Orgel, Altar, das Chorgestühl, die Kirchenbänke, Apostel, Kruzifix, Bibliothek und Kreuzgang – hüllt. Insgesamt 14 „Zelte sind so entstanden. Insgesamt 3000 Quadratmeter Folie und 6,5 Kilometer wurde dabei braucht, erklärt der Fachmann.
Sieben Leute hatten vom 24. Bis 26. Juni ordentlich zu tun, damit heute am 27. Juni mit der Begasung begonnen werden kann. Bis 2. Juli bleiben die „Zelte“ unter Gas, dann beginnt die Belüftung.  Am 4. Juli bekommen die Stiftung und die Kirchgemeinde  die Klosterkirche holzwurmfrei zurück“ versichert Marco Müller. Allein vier Tage hat das Stellen der Gerüste gedauert.
Während der Begasung werden Messungen in den „Zelten vorgenommen und die Gaskonzentration überprüft. Jedes Zelt müsse mit Prüftechnik versehen werden. Jedes Zelt für sich sei eine Herausforderung.

Dinge aus anderen Objekten

Bevor die Aktion „Bekämpfung Holzwurm in der Klosterkirche Hamersleben“ startete, wurde geprüft, welche Verfahren und Mittel zur Anwendung kommen sollen.
„Am Ende fiel die Entscheidungen gegen Heißluft und damit für das Begasen aus. Es ist das effektivste Mittel, zumal wir hier einen großen Materialmix vorfinden, der für die Bekämpfung des Holzwurms eine weitere Herausforderung darstellt, erklärt Marco Müller. Stoffe, Holz, Bücher und Papiere werden begast, um den Holzwurm zu bekämpfen. Eingesetzt werde ein fluoridhaltiges Gas.
Gut anderthalb Jahre hat die Planung des Vorhabens gedauert.
Da nun einmal der große Aufwand zur Holzwurmbekämpfung in der Klosterkirche Hamersleben betrieben wird, wurden auch aus anderen Objekten der Kulturstiftung Dinge zusammengetragen und nach Hamersleben gebracht. Zumal auch genügend Platz in der bedeutsamen Kirche ist.
Knapp 100.000 Euro investiert die Stiftung in die Holzwurmbekämpfung. Dabei ist die Dachsanierung des Südschiffes der Stiftskirche noch nicht einmal abgeschlossen. Die Sanierungskosten hier belaufen sich etwa 596.000 Euro, die von der Kulturstiftung finanziert werden.

Bedeutsames Kulturgut

„Aber die Stiftskirche Hamersleben aus dem 12. Jahrhundert ist nun einmal ein Bauwerk mit herausragender Bedeutung. Unsere Aufgabe ist es, dieses Kulturgut zu erhalten“, sagt Janine Schwarz.
Marco Müller spricht von einem Projekt, dass in Deutschland, ja europaweit seines Gleichen sucht. „Das sind hier schon riesige Mengen und Flächen, die zeitgleich bearbeitet werden. Es gibt in Deutschland nur drei Firmen, die derartige Aufträge bearbeiten können“, erklärt der Firmenchef. „GROLI“ ist deutschlandweit von Dresden aus unterwegs.
Viele Fach- und Sonderausbildungen stehen für eine hohe Spezialisierung. Zugleich habe die Firma hohe Auflagen zu erfüllen.
Und da der Firmenchef ursprünglich aus Oschersleben stammt, sind die Mitarbeiter aktuell für ihr Projekt in Hamersleben in Oschersleben am Jacobsberg einquartiert.

Die Stiftskirche Hamersleben wurde Anfang des 12. Jahrhunderts von Augustiner-Chorherren in romanischer Bauweise errichtet. Die dafür typische reiche Ornamentik bekam im Laufe der Zeit Konkurrenz von spätgotischen und barocken Elementen. Mit der Aufhebung des Stifts im Jahr 1804 begann eine behutsame Restaurierung, bei der die Kirche weitgehend in ihren romanischen Ursprung zurückversetzt wurde. Besonders hervorzuheben sind die kunstvollen plastischen Darstellungen an den Säulenkapitellen. Sie zeigen Fabelwesen, stilisierte Pflanzen und Kampfszenen zwischen Mensch und Tier.